Einheitliche Regeln für die Berechnung des Kindesunterhaltes
Seit der Änderung des Kindesunterhaltsrechts per 1. Januar 2017 und der damit verbundenen Einführung des Betreuungsunterhaltes bestehen kantonal unterschiedliche Methoden für die Berechnung des Kindesunterhaltes. Das Bundesgericht scheint es sich nun zur Aufgabe gemacht zu haben, für die gesamte Schweiz eine einheitliche Methodik zu entwickeln und verbindlich vorzugeben.
Im Mai dieses Jahres hat sich das Bundesgericht in diesem Sinne zur anwendbaren Methode geäussert und die Lebenshaltungskostenmethode für verbindlich erklärt. Der Blogbeitrag von Rechtsanwältin Melanie Friedrich vom 25. Mai 2018 befasst sich mit diesem Gerichtsurteil.
Im Urteil vom 21. September 2018 äussert sich das Bundesgericht nun ausführlich zur Frage, in welchem Umfang dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist.
Das Bundesgericht hält fest, dass grundsätzlich die Eltern entscheiden, welche Betreuungsform für ihr Kind geeignet ist (Eigen- und/oder Fremdbetreuung). Im Trennungs- oder Scheidungsfall sei damit in einer ersten Phase das vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes vereinbarte bzw. praktizierte Betreuungsmodell fortzuführen (sog. Kontinuitätsprinzip). Mit der Trennung/Scheidung verändern sich hingegen zwangsläufig die Lebensverhältnisse, womit die bisher gelebte Aufgabenteilung nicht auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden könne. Für diese zweite Phase brauche es konkrete Regeln in Bezug auf die Betreuung des Kindes und die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit für den obhutsberechtigten (betreuenden) Elternteil. Solche Regeln brauche es auch in denjenigen Fällen, in denen an keine gelebte Aufgabenteilung angeknüpft werden kann, da z.B. das Kind nicht in einem gemeinsamen Elternhaushalt geboren ist.
Das Bundesgericht erklärt anschliessend das sog. Schulstufenmodell für anwendbar: Danach soll der hauptbetreuende Elternteil ab der obligatorischen Einschulung des jüngsten Kindes zu 50 % einer Erwerbstätigkeit nachgehen können; ab dem Eintritt in die Sekundarstufe zu 80 % und ab dem vollendeten 16. Altersjahr zu 100 %. Das Bundesgericht begründet diese Regel hauptsächlich damit, dass mit der Einschulung der Kinder der betreuende Elternteil während einer gewissen Zeit von der persönlichen Betreuung entbunden wird und diese "Übernahme von Betreuungsaufgaben durch den Staat" sich im Verlauf der Jahre ausdehnt. Das Schulstufenmodell ist hingegen nicht in Stein gemeisselt: Abweichungen sind insbesondere dann denkbar, wenn eine erhöhte Betreuungslast besteht (z.B. bei vielen Kindern; wenn ein Kind eine Behinderung aufweist oder Schulprobleme hat). Zu berücksichtigen sind zudem auch die vorhandenen (oder nicht vorhandenen) schulergänzenden Betreuungsangebote.
Abschliessend hält das Bundesgericht fest, dass das Schulstufenmodell grundsätzlich auch bei der Berechnung des (nach-)ehelichen Unterhaltes Anwendung findet.
Die Medienmitteilung des Bundesgerichts zum neuen Urteil finden Sie hier.
Manuela Häfliger, Rechtsanwältin